Der deutsche Reisesicherungsfonds, der die Verbraucher bei Insolvenzen von Reiseveranstaltern entschädigt, könnte möglicherweise die Beiträge senken. Dadurch würden die rund 200 Unternehmen, die in den Fonds derzeit jeweils 1 % ihrer Umsätze einzahlen, stark entlastet werden, wurde in einer Sitzung des Ausschusses für Tourismus des Deutschen Bundestag kürzlich unter Leitung der Vorsitzenden Anja Karliczek (CDU) deutlich.
Der Geschäftsführer des Reisesicherungsfonds, Ali Arnaout, schilderte vor den Abgeordneten, der Fonds habe derzeit rund 850 Mio. Euro auf seinen Konten. Das Geld habe man von der Reisebranche erhalten, die pro Jahr rund 228 Mio. Euro einzahle. Bis November dürfte das Fondsvermögen auf über 1 Mrd. Euro ansteigen. Nach dieser Grundausstattung mit liquiden Mitteln gebe es Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Finanzierungsstruktur. In der Anfangszeit sei es darum gegangen, eine Schutzwirkung für die Reisenden aufzubauen, die auch gewahrt werden müsse. Es sei aber jetzt geboten, die Beiträge abzusenken. Eine Entgeltsenkung könne die Rendite der Unternehmen steigern.
Auch die Bundesregierung zeigte sich gegenüber einer Beitragssenkung offen. Dafür müssten noch einige Punkte geklärt werden. Wichtig bleibe, dass der Staat bei Zusammenbrüchen von Reiseunternehmen nicht in Anspruch genommen werde. Bei der Insolvenz des Veranstalters Thomas Cook habe noch der Staat einspringen müssen. Inzwischen habe der Reisesicherungsfonds sieben Insolvenzen abgewickelt, davon als größten Fall die Insolvenz des Reiseveranstalters FTI. Es habe insgesamt 175.000 Erstattungsanträge gegeben. An die Betroffenen seien 251 Mio. Euro ausgeschüttet worden.
Nach Ansicht der Bundesregierung hat sich der Reisesicherungsfonds bewährt. Dass bisher nicht alle Anträge abschließend bearbeitet worden seien, liege oft daran, dass Antragsteller nicht mehr ausfindig gemacht werden konnten oder Unterlagen nicht vollständig seien. Neben der Frage der Beitragsreduzierung stehe auch die Frage einer schnelleren Erstattung von Ansprüchen auf der Agenda, so die Bundesregierung.
Stefan Korsch, ebenfalls Geschäftsführer des Reisesicherungsfonds, kündigte an, dass man schneller in den Erstattungsprozess hineinkommen und auch schneller erstatten wolle. Alleine könne der Fonds das nicht schaffen und spreche deshalb mit den Reiseverbänden, mit Veranstaltern und IT-Dienstleistern. Ein Problem sei die Verifizierung von Anspruchsberechtigten. Es müsse das Ziel sein, die Anspruchsberechtigten schneller zu identifizieren. Denn das bedeute auch eine schnellere Erstattung.
In der Aussprache erklärte die CDU/CSU-Fraktion, der Reisesicherungsfonds sei ein wirksames Instrument für den Verbraucherschutz. Die Union interessierte sich für die Vermögenslage und thematisierte auch eine mögliche Beitragssenkung.
Die AfD-Fraktion zeigte sich beeindruckt von der Entwicklung des Reisesicherungsfonds. Das System befinde sich in guten Händen. Der Zusammenbruch von FTI sei ein wirklich dicker Brocken gewesen, was den Fonds aber nicht in Schwierigkeiten gebracht habe.
Die SPD-Fraktion lobte den Fonds ebenfalls, zitierte aber Vorwürfe aus der Reisebranche, wonach der Fonds intransparent arbeite. Auch regte die SPD-Fraktion eine schnellere Entschädigung an. Seitens der Fonds-Vertreter hieß es dazu, die Jahresabschlüsse seien öffentlich einsehbar.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, es bringe Unsicherheit in die Branche, wenn es widersprüchliche Aussagen über eine mögliche Beitragssenkung gebe. Kritisiert wurde von der Fraktion auch, dass sie auf frühere Anfragen von der Regierung keine Angaben zur Höhe des Fondsvermögens bekommen habe.
Auf die Frage der Fraktion Die Linke nach den Regelungen in anderen Ländern, sagte Arnaout, es gebe mehrere Fonds dieser Art in Europa, die aber andere Regelwerke und Volumina hätten. Der Auftrag, die Verbraucher zu schützen, sei jedoch gleich.
Zu Beginn der Sitzung hatten die Abgeordneten einstimmig Stefan Zierke (SPD) zum stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Tourismus gewählt.
Quelle: hib/HLE
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