Corona, Krieg und Inflation wirbeln die Preise durcheinander. Wir nehmen den Verwirbelung zum Anlass, um uns die Zahlen auf dem Markt der Tagesfahrten im Mietbusgeschäft einmal genauer anzuschauen.
Die Plattform Bustreff.de, u. a. ein sehr aktiver Marktplatz für die Busbranche in Sachen Mietbusgeschäft, dokumentiert seit 2016 das Auf und Ab der Buspreise für Tagesfahrten. Eine Entwicklung, die sich in Kooperation mit Bustreff jederzeit auf unserer Homepage (busmagazin.de) verfolgen lässt. Bedingt durch die Corona-Jahre und das mittlerweile erste Kriegsjahr in der Ukraine, was beides zu erheblichen Umbrüchen in der Busbranche führte, nehmen wir die Preisentwicklung der Tagesfahrten einmal in den Blick und gewichten die Entwicklung der letzten Jahre.
Der Rückblick auf die Zahlen spricht dabei eine eindeutige Sprache. Kurz erklärt: Die obige Grafik zeigt zwei Kurven, die sich von März 2016 bis Dezember 2022 ziehen. Die kräftige in Rot zeigt den durchschnittlichen Buspreis für Tagesfahrten im jeweiligen Zeitraum auf bustreff.de. In grün hinterlegt ist die Anzahl der ausgewerteten Angebote auf dieser digitalen Plattform. Die linke Achse spiegelt das durchschnittliche Preisniveau, die rechte die Anzahl der zugrundeliegenden Angebote wider. Wobei auf jede eingestellte Anfrage für eine Tagesfahrt auf diesem Internetmarktplatz mehrere Angebote gekommen sein können bzw. sind.
Das Online-Angebotsmanagement gibt es in seiner Funktionalität seit 2016. Die Anzahl der Angebote auf Reisebusmietanfragen, soweit das Online-Angebotsmanagement seitens der Bustreff-Mitglieder genutzt wird, wächst allmählich und nimmt etwa ab August 2017 spürbar zu und läuft mit vielen Spitzen auf hohem Niveau bis zum Februar 2020. Dann kommt es zu einem radikalen Einbruch, der sich mit einer kurzen Erholung bis Juni 2021 fortsetzt. Was wenig überraschend ist, wenn man auf die damaligen Geschehnisse blickt. Denn zu diesem Zeitpunkt wirken sich die Pandemie und ihre Folgen auch auf den deutschen Reisebussektor aus. Januar 2020 gab es den ersten Corona-Fall in Deutschland. März erklärt die WHO die weltweite Pandemie. Im gleichen Monat beginnen in der Bundesrepublik die Schutzmaßnahmen inkl. der Impfungen und zugleich die Einschränkungen im Busreiseverkehr, die in Reiseverboten gipfelten.
Erst April/Mai 2021 bis Ende 2022 steigert sich die Anzahl der eingehenden Angebote wieder; erneut mit vielen Spitzen. Sie kommt dabei durchaus wieder auf das Niveau von vor der Pandemie.
Wenig überraschend sacken Angebote und Nachfrage in den strengen Corona-Monaten mit ihren vielen Einschränkungen und Verboten auf eine marginale Anzahl an Angeboten ab. Dass es überhaupt noch zu Nachfragen nach Tagesfahrten – auf niedrigem Niveau – und darauf reagierende Angebote kommt, ist damit zu erklären, dass hier der Angebotzeitpunkt auf eine Mietbusanfrage erfasst ist, nicht der geplante Reisezeitpunkt für die Tagesfahrt. Zudem versuchten die potenziellen Vertragspartner damals auch einige (wenige) Fahrten unter den beschränkenden Corona-Schutzmaßnahmen zu realisieren.
Die Linie von November 2020 bis Mai 2021 ist gestrichelt gesetzt, weil in diesem Zeitraum Fehleinträge – Tagesfahrtpreise von weit über 10.000 Euro – in dieser Erfassung bei der geringen Anzahl an Angeboten durchschlugen und somit die statistische Auswertung verfälschten. Dem entsprechend wurde die Auswertung um diese Ausreißer bereinigt.
Wirft man nun einen Blick auf die durchschnittlichen monatlichen Preise für eine Tagesfahrt, so ist zwischen Frühjahr 2016 und Frühjahr 2020 nichts Dramatisches zu erblicken. Die Preise steigen mit einigem leichten Auf und Ab von 729 Euro (März 2016) auf 785 Euro (März 2020), einem Plus von etwa 8 % verteilt auf vier Jahre.
Mit dem erklärten Ende der Pandemie in Deutschland und dem Ende von corona-bedingten Einschränkungen in schnellen Schritten, beginnt auch das Mietbusgeschäft wieder Fahrt aufzunehmen. Nachholeffekte (z. B. bei Klassenfahrten) setzen ein. Und die Tagespreise klettern ebenso schnell zwischen Juni 2021 (665 Euro) bis Januar 2021 (777 Euro) wieder auf den Preislevel vor der Pandemie.
Am 24. Februar 2022 marschierten russische Truppen in die Ukraine ein. Auch das hat direkte Folgen, die die Busbranche verkraften muss und die sich sofort auf die Mietbustagespreise auswirken. Bedingt vor allem durch drohende Energieknappheit, explodierende Diesel- und AdBlue-Preise – der Harnstoff verteuerte sich im ersten Quartal 2022 um fast das Sechsfache – und der allgemeinen Inflation von durchschnittlichen 7,9 % für 2022 schießt der Tagesfahrpreis von den 777 Euro auf über 1100 Euro (Aug.: 1158 Euro). Ein Plus in der Spitze von 49 % und das in siebeneinhalb Monaten.
Die Busbranche sah sich zudem erneut, nachdem die wirtschaftliche Bedrohung durch die Pandemie überstanden war, in einer Existenzkrise. Der bdo ermittelte in einer Blitzumfrage im März 2022 die aktuelle Einschätzung der Geschäftslage aufgrund des Energieschocks in der Branche. Als Folge des Ukrainekrieges sahen sich (auch) die Busunternehmer plötzlich einer Kostensteigerung von über 100 % gegenüber. Knapp 30 % der Busmittelständler bewerteten allein die hohen Dieselpreise als existenziell bedrohlich.
Wohl gemerkt, das sind Eindrücke aus einer bdo-Blitzumfrage zu Beginn des Krieges. Inzwischen sieht die Lage schon wieder etwas entspannter aus. Und das obwohl die Preise für Tagesfahrten in den letzten Monaten massiv geklettert sind.
Einen Lichtblick gibt es für 2023: In den letzten zweieinhalb Monaten sank der Durchschnittspreis für die Tagestour zeitweilig um fast 200 E auf 968 E (Dez.: 1.008 E). Das deutet auf eine vorsichtige Beruhigung der Lage hin. Der Winter ist nicht so streng wie befürchtet. Energie ist daher mehr vorhanden als erwartet. Russisches Öl und Gas konnten durch internationale Einkäufe kompensiert werden, wenn auch zu anderen Preisen. Es wird spannend zu beobachten, wie sich die Preiskurve in den nächsten Monaten entwickelt. Bleibt sie stabil? Sinkt sie sogar oder verschärfen andere Faktoren (Spritpreise, Fahrermangel) die Entwicklung. Wir werden das weiter beobachten und gewichten.
Dass sich die Stimmung in der Busbranche wieder ins Positive gedreht hat, zu dem Urteil kommt zudem aktuell der WBO. Er hat auf seinem Tag des Bustourismus während der CMT in Stuttgart eine entsprechende Umfrage unter seinen Mitgliedern veröffentlicht. Demnach beurteilten die befragten Busunternehmen das Mietomnibusgeschäft 2023 immerhin zu 30 % mit „Sehr gut“, 40 % mit „Gut“, 20 % mit „Mittelprächtig“ (10 % der Befragten betreiben dieses Geschäft nicht). Auf die Frage, wie sich die Energiekrise und Inflation auf das Buchungsverhalten für die Reisesaison 2023 insgesamt auswirkt, antworteten 71 % mit „Gering“. Und auf die Frage, ob Corona uns in diesem Jahr noch einen Strich durch die Reiselaune und –planung macht, antworteten 100 % der Befragten mit einem klaren „Nein“.
Es darf also mit guten Grund gehofft werden, dass 2023 nicht nur im Mietbusgeschäft wieder ein solides Reisebusjahr wird.
Grafik: Matthias Kopp
Geschäftsführer Kirschbaum Verlag
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