Kempower: Finnisches Kraftpaket

Kempower aus Finnland versucht, auf dem deutschen E-Bus-Markt mit seiner Lade-Hard- und Software zu punkten. Wir sprachen nun mit Phillip Oppolzer (Foto), dem Regional Sales Director, Central Europe.

BUSMAGAZIN: Herr Oppolzer, an wen richten sich die Produkte von Kempower und was beinhalten sie?
Philipp Oppolzer: Die Lösungen für die E-Mobilität im Omnibussektor, die wir bieten, reichen von mobilen und stationären Ladestationen über die dazugehörige Ladeinfrastruktur bis zu verschiedenen Supportleistungen. Der Kundenkreis, den wir mit unseren Produkten zurzeit hauptsächlich an – sprechen, sind die kommunalen Flottenbetreiber. Aber zunehmend kommen wir auch mit privaten Unternehmen, die Interesse an der E-Mobilität zeigen, ins Gespräch. Zudem unterstützen wir als Partner die Fahrzeughersteller in ihrer Strategie, die E-Mobilität voranzubringen.

BM: Die E-Mobilität war anfangs für viele Verkehrsunternehmen ein Buch mit sieben Siegeln. Wie gut sind Ihre potenziellen Kunden mittlerweile über die Themen E-Mobilität und Fuhrpark umrüstung informiert?
Oppolzer: Busbetreiber, die von der E-Mobilität wenig Ahnung haben oder sie insgesamt ablehnen, gibt es in Deutschland kaum noch. Ganz im Gegenteil zeigen nach den kommunalen Betrieben nun private, kleine und mittelständische Unternehmen verstärkt Interesse an der E-Bus-Thematik. Die gehen das Thema sogar mit einer Portion Leidenschaft an. Allerdings ist der technische Beratungsbedarf teils weiterhin recht hoch, da die E-Mobilität ein sehr schnelllebiges Thema ist. E-Mobilitätslösungen, die vor wenigen Jahren noch Stand der Technik waren, sind heute oft nicht mehr aktuell, weil die Innovation rasant voranschreitet.

Wir sind seit April 2021 auf dem deutschen Markt aktiv

Oppolzer

BM: Sie sind mit Kempower erst seit kurzem auf dem deutschen Markt. Wie wollen Sie hier punkten?
Oppolzer: Wir sind seit April 2021 auf dem deutschen Markt aktiv, stecken also in der Tat noch in den Startlöchern. Unser Fokus liegt vor allem auf der Lade-Hard- und -Software, das sind unsere Stärken. Das dazugehörige Umfeld um den Ladeprozess, wie z. B. die weiteren Dienstleistungen übernehmen unsere lokalen Partnerunternehmen mit ihrem Spezialwissen. Diese Partner analysieren bei potenziellen Kunden den Bedarf, führen die Mikroplanung durch, setzen die Projekte um, erledigen die technische Inbetriebnahme und betreuen im Anschluss die Kunden.

BM: Die großen Hersteller von E-Bussen bieten ihren Kunden neben den eigentlichen Fahrzeugen auch ein Rundum-Sorglos-Paket inkl. Beratung, Dispositionsmanagement, Stromversorgung usw. an und versuchen sich so auf dem Markt der E-Mobilität gut zu positionieren. Sind Sie da stark genug aufgestellt, um mithalten zu können?
Oppolzer: Auch die Fahrzeughersteller arbeiten mit Kooperationspartnern zusammen. Schließlich stellt keiner von ihnen z. B. Ladestationen her. Zudem suchen wir durchaus ihre Nähe und bieten uns als Partner an, wie das bei Scania und Volvo in Nordeuropa schon der Fall ist. Hierbei arbeiten wir und die Fahrzeughersteller ebenfalls mit weiteren Spezialisten zusammen. Dabei qualifizieren wir und die Fahrzeugbauer jeweils beidseitig weitere sogenannte Schlüsselpartner, die wiederum einen großen Teil der Beratungsleistung im Namen von Kempower und den Fahrzeugproduzenten übernehmen und für die Busunternehmen das Gesamtpaket erstellen.

Wir laden mit unseren Ladesystemen genauso gut E-Boote wie E-Tieflader

Oppolzer

BM: Wo sehen Sie die Kempower-Vorteile gegenüber dem direkten Wettbewerb?
Oppolzer: Unsere Lösungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur auf ein Marktsegment ausgerichtet sind, wie z. B. auf das Laden von E-Bussen. Unsere Ladestationen finden Sie ebenfalls auf anderen Märkten. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Wir laden mit unseren DC-Ladesystemen genauso gut Elektroboote in Norwegen wie auch elektrisch betriebene Tieflader in australischen Minen.

BM: One-fits-all-Lösungen haben den Ruf, auf alles zu passen, aber auf keinen Anwendungsfall so richtig, Wie sehen Sie das?
Oppolzer: Eins unserer Produkte ist z. B. unser Leistungsmodul, das ist das Herzstück der CPU in den C-Ladestationen. Diesem Modul ist es sozusagen herzlich egal, ob es 50 kW über einen Pantografen in den Bus bringt, es 50 kW an ein Elektroboot schickt oder mit mehreren dieser Leistungsmodule auf 450 kW skaliert wird. Unsere Produkte sind Einzelkomponenten, die wir, kombiniert zu Paketen, an den jeweils benötigten Bedarf anpassen und in der Leistung hochskalieren. Damit können wir sehr viele Anforderungen erfüllen. Zudem bekommt der Busbetreiber, der sich für uns ausspricht, nicht nur eine Lösung aus einer Hand, sondern eine Ladelösung, die bereits in vielen anderen, teils extremen Bereichen getestet wurde und sich dort bewährt hat.

BM: Geben Sie uns bitte dazu ein Beispiel.
Oppolzer: Unsere Ladelösungen kommen auch im Offshore-Bereich zum Einsatz. Hier gilt es hohe Ansprüche gegenüber verschiedenen Umwelteinflüssen zu erfüllen, wie z. B. aggressivem Salzwasser, das am Equipment nagen kann. Bei Anlagen in Bergwerken müssen Sie sich als Hersteller von Ladestationen mit dem Problem von konduktivem, also stromleitendem Staub beschäftigen. Aus Erfahrungen in anderen Aufgabenfeldern entstehen so Synergien, die schlussendlich auch einem E-Busbetreiber zusätzliche Vorteile bieten.

Unsere Produkte sind modular aufgebaut

Oppolzer

BM: Wie sind Ihre Ladesysteme strukturiert, um so ein großes Aufgabenfeld abzudecken?
Oppolzer: Unsere Produkte sind modular aufgebaut und vielseitig konstruiert. Wenn wir von Ladestationen sprechen, so können diese 40 kW aber auch zwei Megawatt oder mehr bereitstellen. Sie können über ein Ladekabel verfügen oder 100 Pantografen bedienen. Sie sind trotzdem alle im Kern eine Ladestation bzw. -system, das aus den gleichen Komponenten besteht.

BM: Wie hoch können Sie denn Ihre Ladestationen skalieren?
Oppolzer: Theoretisch geht das unbegrenzt. Sinnvollerweise lassen wir es momentan bei einer Station bei 600 kW. Mit dieser bediene in bis zwei Pantografen für das Opportunity-Charging. Oder wir versorgen damit bis zu acht Pantografen bzw. Stromkabel in einem Depot.

BM: Wie muss man sich Skalieren physisch vorstellen?
Oppolzer: Der Ausbau einer Ladeeinheit erfolgt in 200- kW-Schritten à 50 kW. Der Ladeschrank ist dabei vorkonfektioniert für 200, 400 und 600 kW Leistung und für vier, sechs und acht dynamisch geregelte Abgänge. Die Vorkonfektionierung bietet den Vorteil, dass ein E-Bus-Fuhrpark – ohne größere Investitionen in die Versorgungseinheiten – erweitert werden kann. Simpel gesagt, wird dann einfach mehr Leistung in die vorinstallierte Infrastruktur montiert.

BM: Neben der Hardware, wo sehen Sie noch Ihre Kernkompetenz?
Oppolzer: Dazu zählt unsere Software-Lösung, die nicht nur bis ins kleinste Detail die Hardware managt. Sie sorgt zwar einerseits dafür, dass der Betrieb läuft, kann aber zudem andererseits übergeordnete Funktionen wahrnehmen. Wir planen die Leitungen und die Software des Weiteren so, dass wir möglichst ohne Spitzenlasten auskommen. Das führt dazu, dass man die Leitungen und Trafos technisch spannungsniedriger auslegen kann. In den skandinavischen Ländern haben wir unsere Software neuerdings testweise mit dem dortigen Energiemarkt vernetzt. Auf diese Weise können wir den Strom laden, wenn er auf dem Markt besonders günstig angeboten wird. Diese Software-Applikation haben wir selbst entwickelt und bietet somit E-Flottenbetreibern einen weiteren Benefit. Zudem erarbeiten wir mit den Flottenbetreibern gemeinsam eine Prioritätenliste. Diese beeinflusst dynamisch die Ladeplanung. Oberste Priorität ist, dass der Bus dann geladen parat steht, wenn er auf die Strecke muss und genug Strom an Bord hat, damit er seine Umläufe schafft. Eine nachfolgende Priorität wäre z. B. die Spitzenlastkappung. Ein weiterer Fokus könnte auf möglichst preisgünstigem Laden oder auf der Batterielebensdauer der Flotte liegen. Alles das muss unsere Software dann managen.

BM: Strom vom Spotmarkt ist nicht zwingend dann günstig, wenn die Energie zum Laden gebraucht wird. Speichern Sie in diesem Fall preiswert gekauften Strom zwischen?
Oppolzer: Da sind wir am Anfang einer spannenden Entwicklung. Zurzeit haben wir noch keine Speicherkapazitäten, um preiswert ein gekauften Strom vom Spotmarkt zwischenzulagern, wenn er seitens des Fuhrparkbetreibers nicht direkt für die Flotte abgerufen wird.

BM: Wie schnell erhalten Ihre Kunden, wenn Sie sich für Kempower entscheiden, ihre Ladeeinheiten und sind Sie ebenfalls von internationalen Lieferschwierigkeiten, beispielsweise wie bei Mikrochips betroffen?
Oppolzer: Wir produzieren in Finnland und von dort beziehen wir auch 90 % unserer Komponenten. Zudem haben wir in unserem Haus eine Wertschöpfungstiefe von über 70 %, das heißt, wir sind nur zu einem geringen Teil von Zulieferern abhängig. Darüber hinaus kaufen wir kritische Komponenten, wie Mikrochips, 12 bis 18 Monate im Voraus. Wir haben also mindestens eine Jahreskapazität auf Lager. Einschränkend muss ich allerdings erwähnen, dass Kempower kürzlich eine neue Fabrik erworben hat. Bei dieser wird zurzeit noch die Produktion hochgefahren. Daher und aufgrund der allgemein guten Nachfrage liegen die Lieferzeiten für unsere Ladeeinheiten aktuell bei bis zu 30 Wochen.

BM: Sehr geehrter Herr Oppolzer, wir danken Ihnen für Ihre Zeit. Das Gespräch führte BM-Chefredakteur Dirk Sanne

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